Ich bin 1997 bei meinen Eltern ausgezogen. Im Frühjahr hatte sich die Familie (auf mein Drängen hin) eine Katze ins Haus geholt. Kessy kam vom Hof meiner damaligen Lehrausbilderin und war ein richtiger Flederwisch. Meine Eltern schlossen sie sofort ins Herz und so habe ich die kleine Katze bei meinem Auszug auch ihnen überlassen.

Nach einigen Monaten in der ersten eigenen Wohnung kam natürlich die Überlegung auf, ob es nicht auch schön wäre, eine eigene Katze zu umsorgen. Unsere Überlegungen taten meine damalige Freundin und ich natürlich auch im Freundeskreis kund und so kam es, dass uns einer unserer Bekannten schließlich ein Angebot unterbreitete: Er kannte jemanden, der sich vor Kurzem eine Katze aus dem Tierheim geholt hatte. Das war allerdings eher ein Schnellschuss. Seine Eltern (er lebte noch bei ihnen) wollten den neuen Hausgenossen nicht. Um eine ganz niedliche kleine Katze sollte es sich wohl handeln.

Wir überlegten nicht lange und so kam es, dass im Sommer 97 Lilly bei uns einzog. Ich erinnere mich noch als wenn es gestern gewesen wäre… der kleine Fellknäul war gerade mal 4 Monate alt und sowas von schüchtern. Als wir den Transportbehälter öffneten versteckte sie sich direkt zwischen Sessel und Couch. Es dauerte eine ganze Weile, bis Lilly dort endlich hervor kam und begann, ihren neuen Lebensraum einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen.

Sie gewöhnte sich recht schnell an ihre neue Situation. Anfangs hielten wir sie als reine Wohnungskatze, ihr Drang nach draußen war aber nach ca. 3 Monaten so groß, dass sie tatsächlich die Flucht hinaus in den begrünten hinteren Teil des meiner damaligen Wohnung antrat. So schnell konnte man echt nicht gucken, wie sie aufs offene Küchenfenster rannte und mit einem beherzten Sprung aus Selbigem (nur gut das wir im Erdgeschoss wohnten) endlich in „Freiheit“ war. Bloss gut das sie schon genau wusste, wo es Streicheleinheiten und lecker Essen gab – Lilly kam nach einer kleinen Erkundung des Gartens direkt wieder vor die Tür, welche vom Keller ins Freie führte und ließ sich glücklich schnurrend wieder mit in die Wohnung tragen.

Während wir dieses Ausbüchsen noch als einmalige Angelegenheit abtaten, hatte Lilly das Freigängerleben wohl für sich entdeckt. Sie saß immer öfter vor dem Küchenfenster, mauzte zum Herzerbarmen. Wir versuchten es kurz mit einem „kontrollierten Freigang“ an einer Katzenleine – aber das war nichts für unseren kleinen Wildfang. Wir hatten schließlich keine andere Wahl, als ihr den regelmäßigen Gang ins Freie zu ermöglichen.

So eroberte die Kleine nach und nach ihr Revier. Immer wieder sahen wir sie, wie sie anderen Katzen nachjagte. Natürlich brachte sieuns bei Zeiten auch anderes Kleingetier mit in die Wohnung. Warscheinlich sah sie gewisse Unzulänglichkeiten unsererseits, was die Jagd angeht. So brachte sie schonmal eine halbtote Maus mit, selbst vor gefiederten Lebewesen machte sie nicht Halt. Wir für unseren Teil hatten uns irgendwann gut mit dieser Situation arrangiert.

Lilly verließ früh die Wohnung, konnte jederzeit wieder rein um zu Fressen oder sich in gesichterter Umgebung auszuruhen. Sie tobte sich draußen immer so dermaßen aus, dass drinnen nachher nur noch Schmusen und Schlafen auf dem Programm standen. War für uns im Endeffekt auch nicht schlecht. So ging das etwa ein Jahr.

Dann eines Abends (Lilly war meist sehr pünktlich wieder daheim) kam die kleine Kampfkatze nicht nach Hause. Erst dachten wir uns noch nichts weiter. Dann verging auch der nächste Tag ohne das wir Lilly gesehen hätten. Nun begannen wir dann schon, uns Sorgen zu machen und suchten nach ihr. Alles ohne Erfolg. Wir schrieben schließlich Zettel, die wir in jeden Briefkasten rings um ihr vermeindliches Revier verteilten.
Wir wussten das Lilly recht neugierig war und dachten uns, dass sie sicher in irgendein Kellerloch geklettert war wo sie nicht mehr heraus kam. Die Tage vergingen, unsere Hoffnung das es irgendwann an der Tür klingelt und wir einen Hinweis auf den Verbleib unserer Katze erfahren würden, wurde immer geringer.
Schließlich war 1 Woche vorbei – und unsere Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der kleinen Lilly fast gänzlich geschwunden. In der 2. Woche wiederholten wir unsere Zettelaktion nochmals, aber wieder meldete sich niemand.

Dann, nach knapp 3 Wochen klingelte es an der Haustür. Eine ältere Frau stand davor und fragte, ob wir denn unsere Katze noch immer vermissen würden. Wir nickten, sie strahlte uns an: „Dann sollten Sie wohl schleunigst mal nachsehen, ob sie nicht schon wieder da ist.“ Wir dankten der Frau überschwenglich, rannten ins Schlafzimmer (zu dem Fenster kam Lilly immer rein) und wen sahen wir? LILLY! Sie kam mit letzten Kräften angerannt, schaffte es tatsächlich noch über den Zaun zum Fenster hinein. Wir freuten uns wie verrückt, ich hatte Tränen in den Augen.

Nach einer ausgiebigen Begrüßung stellten wir dann erstmal fest, wie schlecht unsere Lilly aussah. Total abgemagert, ansich auch absolut geschwächt. Wie wir später erfahren sollten, ist Lilly wohl durch ein offes Dachfenster auf einen Dachboden gelangt – leider gab es von dort aus keinen Weg mehr heraus. Das Haus nutzte der ASB als Lagerhaus. Bloss gut das die ASBler endlich mal wieder etwas auf dem Dachboden lagern mussten… sie erzählten, das Lilly wie ein geölter Blitz an ihnen vorbeigeschossen ist und das Weite gesucht habe.

Es dauerte 2-3 Wochen, bis Lilly wieder voll bei Kräften war. Ihr Drang nach draußen war erstmal verflogen und wir überlegten ernsthaft, ob wir sie tatsächlich noch mal raus lassen sollten. Diese Entscheidung nahm uns Lilly dann selsbtpersönlich ab. Als sie wieder richtig fit war, ging das Mauzen vor dem Küchenfenster wieder los. Wir ließen ihr schließlich ihren Willen.

Nach ca. 2 Jahren ging dann meine damalige Beziehung auseinander, ich wohnte mit Lilly allein. Aus finanziellen Gründen kam bei mir dann schließlich die Überlegung, wieder ins Haus meiner Eltern zu ziehen – was ich irgendwann auch tat. Der Umzug sollte sich allerdings als nicht ganz einfach erweisen. Erstens gabs bei meinen Eltern nur einen kleinen Hinterhof als Freigang, zweitens lebte natürlich auch Kessy (ich berichtete ganz am Anfang) in diesem Haus.

Lilly – Kindheit und Jugend

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